Paradigmenwechsel – rücken Blogs in den Fokus der Medien?

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In den vergangenen Tagen häufen sich in den deutschen Medien Berichte rund um Weblogs und deren Verfasser. Zeichnet sich auch in Deutschland ein Paradigmenwechsel in der Wahrnehmung ab?

Es ist kein Geheimnis, das Blogs in den USA mittlerweile zum medialen Mainstream gehören – aktuelle Studien belegen dies deutlich. ABCNEWS wählte Blogger unter die „Menschen des Jahres“, Merriam-Webster kürt Blog zum Word des Jahres 2004. Die US Presselandschaft hat sich also auf Blogs eingestellt und man kann sagen, dass sie als alternative Publikationsform akzeptiert sind und in vielen Bereichen auch von der klassischen Presse zitiert und als ergänzende Quelle genutzt und angegeben werden. In Frankreich rief das Magazin Liberation bereits „la blog génération“ aus.
Bill Gates spricht nicht nur offen über die Blogs, die er selbst liest, er freut sich auch über die knapp eine Million User, die er mit seinem neuen Service MSN Spaces binnen weniger Wochen gewinnen konnte.

Für die deutschen Medien sah das bis vor wenigen Wochen noch etwas anders aus. Man denke an die Aussagen von Matthias Müller von Blumencron (Spiegel Online Chefredakteur): “Ich glaube Blogs sind eines der Hype-Themen, die wir alle paar Jahre haben. [..] Dazu kommt, dass 99 Prozent der Blogs einfach nur Müll oder zumindest journalistisch einfach nicht relevant sind. Es handelt sich um eine interessante Entwicklung, die aber den Journalismus nicht grundsätzlich verändern wird“.

Oder unlängst auch das Statement des Jamba Pressesprechers Tilo Bonow zur Jamba Affäre: “Die Kritik der Blogger wird von der allgemeinen Öffentlichkeit vermutlich gar nicht richtig wahrgenommen. Viele Blog-Artikel wirken unorganisiert, undifferenziert und vom Niveau her sehr flach“.

In den vergangenen Tagen zeigte sich ein erstaunliches offenes Interesse der klassischen Medien an dem Thema. Nicht zuletzt unterstützt durch die Jamba Geschichte die auch dem erbitterten Blog Gegner Indizien dafür liefert, dass Inhalte, die Ihren Keim in der Blogosphäre haben, auch außerhalb der Weblogs Gehör finden. Sicherlich trugen auch die zahllosen Blogs, die Informationen aus den Katastrophengebieten Südost-Asiens lieferten zu dem Paradigmenwechsel bei. Das ZDF berichtet über David, der in Gestalt des Bildblogs gegen den übermächtig scheinenden Goliath Bild antritt.

Der Spiegel schreibt in seiner aktuellen Ausgabe über Blogs (oder Internet-Tagebücher, wie sie es mit aller Wehemenz immer noch nennen) und spricht mit Bernhard Taubenberger, Chef der Unternehmenskommunikation bei Media Markt und Saturn: „Wir haben die Weblogs auf dem Radar und nehmen die dort geäußerte Kritik ernst“. Auch Ikea hat das Thema „im Auge“.

Zwischen „auf dem Radar“ haben und effizientem und (nötigenfalls) deeskalierendem Verhalten ist allerdings ein weites Feld. Neben all der positiven Resonanz, die die privaten Blogs derzeit erzielen bleibt es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch in Deutschland bloggende Unternehmen in Position bringen, nicht um damit das schnelle Geld zu machen, aber um einen weiteren Kommunikationskanal zu Kunden aufzutun, eine gute Reputation aufzubauen – vielleicht auch um bei einer plötzlich auftretenden Krise bereits einen Fuß in der Tür zur Blogosphäre zu haben.

[Update 16.01.2005] Auch die FAZ berichtet über Corporate Blogging, zitiert den Jamba Fall und erwähnt das derzeit häufig propagierte Projektmanagement via Blogs.

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