Eine technische Lösung zur Zensur der Online-Kommunikation ist nur so gut, wie die Möglichkeit, die Ziele dieser Maßnahme eindeutig zu identifizieren. Eine staatliche Beschneidung der Zugriffe auf Inhalte im Netz richtet sich, wie es im Falle Iran gerade unter den Augen der Weltöffentlichkeit passiert, zumeist gegen einzelne Services:
It’s able to treat its Internet-using public the way a school can filter what its kids see on their PCs. All Internet traffic is routed through a server farm that applies the filtering.
Im wesentlichen ist dies auch die Maßnahme, die in Deutschland kurz vor dem endgültigen Beschluss steht (mit dem Unterschied, dass es hier zu Lande keinen zentralen Serverpark gibt, sondern Sperrlisten an die großen Provider vergeben werden). Wie leicht sich dieser Ansatz durch die Verwendung von Proxy-Servern glücklicherweise aushebeln lässt ist hier nachzulesen und auf den Straßen Teherans mittlerweile weit verbreitet. Das Routing über die staatlichen Server wird so schlichtweg umgangen.
Die wichtige Rolle, die Microblogging in diesem Kontext einnimmt ist durch die inhärente Offenheit der Systeme wie bspw. Twitter oder natürlich noch deutlicher Identic.a bedingt. Durch diese offene Struktur mancher Social Networks kann eine Kommunikation wie beispielsweise mit und über Twitter erfolgen, ohne direkt auf die (möglicherweise gesperrten) Server zuzugreifen. Bei Identi.ca gibt es diese zentralen Server erst gar nicht. In wenigen Minuten kann auf jedem beliebigen Webserver eine eigene Identi.ca Instanz installiert werden, die Inhalte mit dem großen Netzwerk austauscht und spiegelt. Die eingangs erwähnten Kontroll- und Sperrmechanismen greifen hier überhaupt nicht. Tweets und Dents können und werden auf anderen Seiten gespiegelt, das Verfassen neuer Mitteilungen ist über viele hunderte oder tausende anderer Angebote im Web möglich und über das weit schwieriger im Detail manipulierbare Mobilfunknetz.
Je intensiver weltweit die Versuche werden, Kommunikation im Netz zu beschneiden, je größer wird das Verlangen nach einem Umdenken der Betreiber derlei Plattformen. Geschlossene Systeme spielen in dem Kontext Iran eine eher untergeordnete Rolle, da der Aufwand, Zugriff auf deren Inhalte zu erlangen deutlich größer ist, im Vergleich zu dezentralen, offenen Plattformen. Neben der großen Relevanz, die nicht-properitäre Systeme ohnehin für die Weiterentwicklung des Netzes haben, kommt durch diesen neuen Aspekt auch zunehmend eine politische und soziale Verantwortung auf die Betreiber zu…
Stellt sich die Frage, warum dann überhaupt noch über Server gehen? Auch wenn es nur ein Keim einer Möglichkeit ist: Opera Unite könnte der Anfang zu einer wirklich konsequenten dezentralen Architektur sein und ein ganz neue Möglichkeiten für soziale Netzwerke aufzeigen.
Ja, könnte. Ich habe es mir gestern auch angesehen. Aber, es ist dann doch leider
a) nur halbherzig und
b) unterm Strich auch wieder properitär
Schöne Gedanken zu Unite von Chris Messina
Aber die Richtung ist gut. Ganz ohne Frage.
Ja. Opera hat einen merkwürdigen Hang dazu, Dinge noch über ihre Server zu schleusen. Aber der Weg – der Weg ist der richtige!
Danke für den Link. Sehr schöne Analyse.
Aus aktuellem Anlass, ein paar Gedanken zur Qualität von Zensur und der zunehmenden Relevanz von offene Systemen: http://tinyurl.com/n4etqa
Qualität von Zensur und der zunehmenden Relevanz von offene Systemen: http://tinyurl.com/n4etqa (via @agenturblog) lesenswert!
[…] » Über Zensur und offene soziale Netzwerke […]
Eigentlich wollte ich hier kommentieren http://www.agenturblog.de/2... – nur sehe ich da kein Kommentarfeld mehr. Macht ihr die Möglichkeit Kommentare zu hinterlassen zu bei alten Posts, oder woran liegt das?
Gruß,
Ramin
Ja, bei älteren Artikeln schließe ich ich die Kommentare irgendwann automatisch…