Wer sich derzeit aufmerksam im Internet bewegt kommt an Tags nicht vorbei. Vereinfacht dargestellt handelt es sich dabei um Schlagwörter – oder noch einfacher, um Etiketten oder virtuelle Post-its, die einem Inhalt zugeordnet werden. Im Prinzip geht es also um das Sortieren von Inhalten zum Zwecke der leichteren Auffindung zu einem späteren Datum. Und genau da liegt auch der Unterschied zu allen bekannten und etablierten Formen des Sortierens:
Gleich ob im virtuellen oder realen Raum, zumeist werden Sachen an einem Ort abgelegt. Also wird eine neue CD in der Sammlung zum Beispiel unter dem Namen des Künstlers abgelegt, oder anhand der Musikrichtung einsortiert oder wie bei mir oben auf dem Stapel abgelegt. Genauso verhält es sich mit digitalen Dokumenten. Eine Rechnung für einen Kunden kann ich im Ordner Buchhaltung/2005/Oktober ablegen, oder aber unter Korrespondenz/Kunden/Müller oder bei Rechnungswesen/Offene Rechnungen.
Diese beiden Beispiele verdeutlichen, wo eines der Hauptprobleme liegt – jeder Inhalt liegt an einem Platz. Ich muss wissen, wo dieser Ort ist, wenn ich schnell darauf zugreifen möchte. Noch komplizierter wird es, wenn ich anderen Zugriff auf diese Inhalte geben möchte.
Mit Tags ist die Katalogisierung deutlich flexibler. Meiner CD aus dem ersten Beispiel kann ich verschiedene Etiketten anheften, einer Zitrone könnte ich die Informationen Gelb, Obst, Sauer oder Kochen mitgeben. Gleich aus welcher Motivation ich später danach Suche ist die Wahrscheinlichkeit die richtige Information zu finden wesentlich größer, als wenn ich mich an das eine, entscheidende Kriterium erinnern müsste.
Tagging, Social Software und Folksonomy
Die Erfahrungen mit Tags gehen aber über diesen singulären Ansatz mittlerweile deutlich hinaus. Gerade in der Kombination mit der Wahrnehmung anderer Menschen wird es spannend. Vor wenigen Tagen hat del.icio.us seinen zweiten Geburtstag gefeiert. Das Konzept hinter dieser Seite macht das Prinzip sehr deutlich. Bei del.icio.us verwalten nahezu 100.000 User Ihre Bookmarks – geschätzte 9 Millionen Datensätze. Täglich werden tausende neue Seiten hinzugefügt und mit Tags versehen, der ganz große Teil dieser Daten ist öffentlich einzusehen. Neben dem Zugang zu eigenen Daten ist es auch möglich durch die Inhalte der Community innerhalb bestimmter Tags zu stöbern. Unter del.icio.us/tag/design kann man auf alle Inhalte, die unter diesem Tag abgelegt wurden zugreifen. In der Verbindung von Tagging mit einer größeren Menge von Usern spricht man von Social-Bookmarking, bzw. von Folksonomies.
Tags vereinfachen die Recherche
Tag basierte Dienste werden von den Benutzern mit vielen Daten und deren Schlagworten gefüttert. Auf Basis dieser Daten kann die Beziehung der Tags zueinander berechnet werden. Taggen viele User Webseiten unter „Design“ und „Photoshop“, kann das System erkennen, das eine Beziehung zwischen diesen Begriffen besteht. Je häufiger diese Tags gemeinsam verwendet werden, umso stärker ist die Beziehung.
Neben der Suche über die Verwandschaften von Tags, können diese auch als Eingrenzungskriterium verwendet werden: zeige nur Bookmarks, die sowohl das Tag Design, als auch Blogs und CSS haben. Im Gegensatz dazu muss man sich bei einem klassischen Webkatalog entscheiden, welche Abzweigung man nimmt, Tags sind flexibler und werden ganz verschiedenen Suchhaltungen gerecht.
Tag Clouds
Eine weitere häufig anzutreffende Verwendung von Tags, ist die Darstellung einer Tag Cloud, also die gewichtete Visualierung von Tags nach der Häufigkeit Ihrer Verwendung. Auf einen Blick werden dem Betrachter die aktuellen Themen und deren Beliebtheit deutlich. Bekanntgemacht hat dieses Konzept vermutlich Flickr, die schon sehr früh damit arbeiteten. Mittlerweile sind die Schlagwort Wolken aber absolut im Mainstream angekommen. Die Webseite des Guardian nutzt diese Form der Darstellung um den „Zeitgeist“, also die Themen die die Redakteure in den vergangenen sieben Tagen am meisten beschäftigt haben darzustellen.
Rückblick: Alle bisherigen Inhalte des Monatsspecials
- Einführung – was sind eigentlich Tags
- Aktuelle Trends, Probleme und offene Fragen
- Die bekanntesten Tools
- Tagging Strategien
- Best Practice
Weiterführende Links:
- TP: Auf der Suche nach dem jüngsten TAG
- tzwaen.systems – Tagging – Schlagwörter erobern das Internet
- notizen aus der provinz: Was ist Tagging? Und was soll das?
- Wikipedia: Tag Cloud
- Wikipedia: Folksonomy Wikipedia: Social Bookmarking What is the Folksonomic Zeitgeist?
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