Cool URIs don’t change ist ein altes Mantra in der Konzeption und Gestaltung von Webseiten und Applikationen. Eine gut strukturierte URL sagt sehr viel aus und kann idealerweise vom nicht ganz unerfahrenen Nutzer als Navigationsinstrument genutzt werden.
Das vorausgeschickt wundert man sich zunehmend über den Umgang mit diesen wichtigen und zentralen Destinationsanzeigern im Web. Am Wochenende hat Joshua Schachter einen interessanten Artikel zu diesem Thema geschrieben: on url shorteners.
Mit der Nutzung von Microbloggingdiensten wie Twitter, haben Services die eine lange (sprechende) URL in eine kurze (nicht mehr sprechende) Adresse umwandeln, eine unglaubliche Renaissance erfahren. Früher waren URL shorteners wie bspw. TinyURL Services für eine kleine Zielgruppe von Nutzern, die aus unterschiedlichsten Gründen eine Adresse vor dem Versand kürzen wollten. Durch die tiefe Integration in Twitter und das 140 Zeichen Limit, sind sie mittlerweile fast zum Standard beim Verteilen von Links geworden. Und selbst wenn der Aufbau eines solchen Dienstes einfach und unkompliziert ist, gelingt es momentan Unternehmen, frisches Kapital dafür zu erlösen.
Doch, wo genau ist das Problem? Zum einen wird die Destination maskiert. Es ist überhaupt nicht klar, wohin der Link führt. Lediglich aus dem Vertrauen zum Poster des Links und den ihn umgebenden Text kann man Schlüsse ziehen. Dann wird natürlich auch auf technischer Ebene eine zusätzliche Hürde eingebaut. Der Klick auf den Link führt immer erst über die Server des Shortening Services. Ist dieser nicht verfügbar, ist es unmöglich das Ziel zu erreichen. Das Auswerten der Aktivitäten eröffnet Produkten wie TinyURL eine eigentlich unnötige Möglichkeit unglaubliche (und künftig auch vielleicht unglaublich wertvolle) Datenmenge zu erheben. Was sind in diesem Augenblick die wichtigsten Links. Wer publiziert diese, wo werden sie veröffentlicht, wer klickt auf die Links, wie werden diese weiterverbreitet. Was sind also die zentralen Netzwerke und Hubs für welche Themen? Wir verschenken en passante viele der zentralen Daten, um deren Schutz wir uns sonst so sorgen.
Als wäre das nicht schlimm genug, kann man sich noch dramatischer Szenarien ausmalen: Was, wenn ein solcher Service gehackt wird? Plötzlich werden Millionen von im Netz verteilten kurzen URLs auf ganz andere Seiten umgeleitet. Und im schlimmsten Fall werden die neuen Ziele als Empfehlung des ursprünglichen Verfassers angesehen.
Und auch das klassische System der Suchmaschinen wird ausgehebelt. Ein gekürzter Link hat keine Bedeutung für die Berechnungen von Google. Er kommt nicht vor in der Berechnung der Relevanz, verteilt keinen Pagerank.
Was ist zu tun? Zum einen gilt nach wie vor: URLs sollten grundsätzlich kompakt aber nachvollziehbar sein, lange SessionIDs haben darin nichts verloren, genau wie die von alten Redaktionssystemen verwendeten kryptischen Zahlenkombinationen. Angebote, bei denen das unumgänglich ist, könnte eigene kurze URLs anbieten. Und die Microbloggingservices und -tools könnten durchaus verantwortungsvoller aggieren, Adressen nur dann automatisch kürzen, wenn erforderlich (also im Falle des Überschreitens des 140 Zeichen Limits). Und wir sollten uns einfach etwas mehr Gedanken über die Implikationen dieser und anderer auf den ersten Blick praktischen Tools machen….