Themenmonat Tagging: 3. Die bekanntesten Tools und Folksonomien

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Nach der Theorie nun zur Praxis. In den ersten beiden Beiträgen zum aktuellen Monatsthema Tagging habe ich einige Grundlagen erläutert und die Chancen und Gefahren erläutert. In diesem Beitrag stelle ich die bekanntesten tagbasierten Tools vor:

del.icio.us

Vor rund zwei Jahren begann der Siegeszug von del.ico.us. Joshua Schachter, ehemals im Finanzbusiness bei Morgan Stanley beschäftigt, verwirklichte in seiner Freizeit seine Idee vom Social Bookmarking und entwickelte eine der ersten tag-basierten Anwendungen, die schnelle eine große Menge User anlockte und so die kritische Masse, von der Erfolg einer solchen Plattform abhängt, erreichte. Heute gilt del.ico.us als das Musterbeispiel einer breiten Folksonomie.

Im engen Dialog mit seinen Usern hat Josh ständig neue Features ergänzt – mittlerweile kümmert er sich hauptberuflich um dieses Projekt. Ermöglicht durch den Einstieg namhafter Investoren rund um Union Square Ventures – unter anderem Amazon.com, Marc Andreessen, Esther Dyson, Seth Goldstein, Josh Koppelman, Howard Morgan, Tim O’Reilly, und Bob Young. Es wird von einer Investitionssumme von knapp zwei Millionen Dollar gemunkelt.

Gut 200.000 aktive User zählt del.cio.us mittlerweile.

Das Prinzip ist einfach. Nach einer schnellen Anmeldung fügt man neue Seiten hinzu, versieht diese mit einer Beschreibung und passenden Tags. Noch schneller geht dies in Verbindung mit einem Bookmarklet, einem kleinen Javascript, dass man zu seiner Favoritenleiste hinzufügen kann. Mit einem einfachen Klick auf diesen Link kann man jede beliebigen Seite direkt speichern.

Ein weiterer Weg zu neuen Bookmarks ist das Surfen in den Listen anderer User, innerhalb bestimmter Tags oder durch die populärsten (weil am häufigsten gespeicherten) Seiten. Mit einem Klick auf „Copy“ übernimmt man Links in den eigenen Datenbestand.

Neben der Eingabe ist aber die Ausgabe von gespeicherten Seiten die Hauptfunktion. Ein intelligentes URL Konzept illustriert die ganz unterschiedlichen Zugriffsmöglichkeiten sehr gut. Den eigenen Datenbestand kann man jederzeit über eine URL in diesem Format abrufen:

del.icio.us/agenturblog.

Natürlich setzt man statt agenturblog den eigenen Usernamen ein. Statt der eigenen Links kann man so auch auf die Bookmarks jedes anderen Users zugreifen. In der ersten Ansicht findet man die Links chronologisch sortiert, rechts daneben sieht man die entsprechendenTags, über die man weiter verzweigen und selektieren kann.

Über folgende Ansicht kann man die Inhalte aller User zu einem Tag betrachten:

del.icio.us/tag/design.

Links, die die Kombination bestimmter Tags tragen, werden wie folgt aufgerufen:

del.icio.us/tag/design+css+blog.

Eine Verbindung zwischen User und Tag stellt man über diese URL her:

del.icio.us/agenturblog/design.

Natürlich können auch User und mehrere Tags kombiniert werden:

del.icio.us/agenturblog/design+css+blog.

Eine weitere interessante Möglichkeit del.icio.us zu nutzen bietet die Inbox. Hat man User entdeckt, deren Links man vertrauenswürdig und interessant findet, kann man sich über neue hinzugefügtes Material informieren lassen. Wahlweise über alles oder nur innerhalb bestimmter Tags. Diese Daten werden in der eigene Inbox aggregiert:

del.icio.us/inbox/agenturblog

Genau wie alle anderen Listen ist auch diese Seite für andere User zugänglich. So vervollständigt sich das Bild, dass man von einem anderen User gewonnen hat recht schnell. Welche Links hat er gesammelt, in welchen Tags ist er aktiv – und welche User hält er für interessant.

Interessanterweise wird del.ico.us von einer großen Zahl der aktiven User kaum betreten. Das ermöglicht die fantastische Integration von RSS. Aus meinen Augen einer der größten Faktoren für den Erfolg von del.icio.us. Ein ständiger RSS Feed liefert mir aktiv die neuesten Links aus meinen Themengebieten, der von mir favorisierten User oder aktuellster Top Seiten in meinen Feedreader. Mit einem Blick kann man erkennen, was neu und eventuell interessant ist. Durch das offene Format und die offene API von del.icio.us sind bereits viele Zusatzdienste und Services entstanden.

Der Vollständigkeit halber hier eine Liste mit möglichen Feeds:

User: del.icio.us/rss/agenturblog
Tag: del.icio.us/rss/tag/design
Combo: del.icio.us/rss/agenturblog/design
Fancy: del.icio.us/rss/agenturblog/design+css
opular: del.icio.us/rss/popular
Main: del.icio.us/rss/
Url: del.icio.us/rss/url?url=http://www.agenturblog.de

Besonders spannend ist der Feed Url. Im Prinzip beobachtet man hiermit die Tags und Beschreibungen unter denen andere User eine bestimmte Seite speichern. Ein guter Indikator, der die Aussenwahrnehmung der eigenen Seite reflektiert.

Als Ergänzung zu diesem Thema werde ich in den kommenden Wochen eine Übersicht über interessante Tools und Ergänzungen zu del.icio.us nachliefern.

Photoshop Album

Eher ein Exot in dieser Liste, denn Photoshop Album ist kein Webservice und keine Folksonomie. Dennoch hat es als eines der ersten, mir bekannten Desktop-Tagging-Tools, einen Platz in dieser Liste verdient. Bereits seit Anfang 2001 kann man in der Fotoverwaltung Bilder mit Tags versehen. Der große Vorteil ist, dass man Motive somit eben nicht nur nach dem Zeitstrahl wiederfindet oder anhand klassischer Ordner sucht, sondern eben auch nach Tags. So findet sich das Bild von Oma beim Kaffeklatsch unter Tags wie Kuchen, Familie, Oma, Geburtstag und vielleicht auch Sommer. Durch eine eindeutige Visualisierung der Tags als Etiketten, die an ein Foto geheftet werden, hat Photoshop Album vermutlich echte Pionierarbeit geleistet und zahllose Hobbyfotografen mit diesem Prinzip vertraut gemacht.

Eine kostenlose Version von Photoshop Album für Windows kann hier heruntergeladen werden.

Flickr

Ein weiteres Tool, dessen Name zumeist in Verbindung mit Tagging und Folksonomien genannt wird ist Flickr. Von Caterina Fake und Stewart Butterfield entwickelt, offiziell im Februar 2004 gelauncht, bereits 13 Monat später von Yahoo für geschätzte $ 30 Millionen erworben, gilt Flickr heute als Paradebeispiel für eine schmale Folksonomie. Der Gegensatz zu einer breiten Folksonomie liegt in der Art, in der getaggt wird. Zeichnen sich die Daten bei del.icio.us eher dadurch aus, dass viele User gemeinsam identische Informationen (Links) taggen, ist es bei Flickr doch zumeist so, dass jeder User zunächst seine eigene Bilder beim Upload taggt, Bilder anderer User jedoch deutlich seltener. Somit entstehen sehr viele Tags im System, aber weniger Tag-Cluster um einzelne Elemente gruppiert.

Den kollaborativen Aspekt erhält Flickr vor allem durch die Gruppen, in denen sich User zu bestimmten Themen treffen und austauschen.

43Things

Die Agentur 37 Signals hat für RoboCoop die Applikation 43 Things entwickelt. Im Prinzip geht es hierbei um ein kollaboratives Publizieren von Lebenszielen – und die Vernetzung von Menschen mit ähnlichen Ziele miteinander. Hat man eines seiner Ziele erreicht, so kann man dies kenntlich machen. Andere User, die auf dem Weg zu diesem Ziel sind können so Kontakt zu Menschen herstellen, die dieses Ziel bereits gemeistert haben.

Auch bei 43 Things hat sich schnell ein großer Investoren gefunden. Amazon.com steht als einziger Geldgeber hinter diesem Projekt, hat sich in der Kommunikation des Investmenst aber sehr stark zurückgehalten. Da die Daten, die die User bei 43Things hinterlassen sehr privat sind, halten viele Beobachter dieses Engagement für bedenklich. Schafft sich doch Amazon vielleicht mit den Informationen aus 43Things, und den Metadaten aus del.icio.us einen großen Pool von User generated Content, Tags und Beziehungen. Was man auf Basis dieses Wissens machen kann, ist noch gar nicht absehbar. Mehr Bücher verkaufen in jedem Falle…

Rückblick: Alle bisherigen Inhalte des Monatsspecials

  1. Einführung – was sind eigentlich Tags
  2. Aktuelle Trends, Probleme und offene Fragen
  3. Die bekanntesten Tools
  4. Tagging Strategien
  5. Best Practice

Weiterführende Links:

oder alle Links gesammelt und stetig aktualisiert bei delicious auch als RSS

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